Die römisch-katholischen Kirchenparlamente von Baselland und Basel-Stadt sollen im Juni darüber abstimmen, ob sie ihre staatskirchenrechtlichen Behörden verpflichten wollen, sich für die «Förderung der gleichberechtigten Zulassung zum Priesteramt» einzusetzen.
In beiden Basel anerkennt der Kanton die «öffentlich~rechtlichen Körperschaften» der Katholiken/-innen an und gibt ihnen Verfassungsrechte, darunter jenes, eine Initiative zu lancieren. Das Initiativkomitee der «kirchlichen Gleichstellungsinitiative», wie sie verkürzt genannt wird, hat davon Gebrauch gemacht und damit einen sensiblen Bereich in der römisch-katholischen Kirche Schweiz getroffen.
Denn hierzulande gibt es zwei Systeme: Sechs kirchrechtlich organisierte Diözesen mit jeweils einem Bischof an der Spitze sowie in den meisten Kantonen «öffentlich-rechtliche Körperschaften». Letztere sind nach staatlichem Recht demokratisch organisiert und verfügen über eine entsprechende «Kirchenverfassung». Das «Parlament», in einigen Kantonen «Synode», «katholisches Kollegium» oder auch «Versammlung der Katholischen Kirchlichen Körperschaft» genannt, stellt die Legislative dar. Die Exekutive wird durch die «Regierung» wahrgenommen, wie das Organ in Analogie zum Staat heissen würde. In Baselland wird es «Landeskirchenrat» genannt.
Der Begriff «Landeskirche» ist in der Schweiz jedoch verpönt, weil er die Zuständigkeiten der «öffentlich-rechtlichen Körperschaften» schlecht beschreibt und der römisch-katholischen Lehre über die Kirche nicht entspricht. Die Rechtsprechung im Zusammenhang mit öffentlich-rechtlichen Körperschaften erfolgt nicht durch kirchliche, sondern durch staatliche Gerichte.
Ohne Anspruch auf kirchenrechtliche Umsetzung
Sensibe1 ist nun die vorliegende Basler «kirchliche Gleichstellungsinitiative», weil sie in ihrer rechtlichen Auswirkung nur die «öffentlich-rechtlichen Körperschaften» der beiden Basel und deren Behörden betrifft. Letztere sollen sich, so das Begehren, dafür einsetzen, dass die Zulassungsbedingungen zum Priesteramt erweitert werden. Es ist irreführend zu meinen, über diese Initiative wolle man direkt die Abschaffung des Pflicht-Zölibats oder die Zulassung der Frauen zum Priesteramt in der römisch-katholischen Kirche erwirken. Dessen sei sich das Initiativkomitee durchaus bewusst, gibt Markus Thürig, Generalvikar des Bistums Basel, zu bedenken.
Darum will die Initiative gemäss ihrer Ausformulierung die «Behörden der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt und der Römisch-Katholischen Landeskirche Basel-Landschaft (das heisst, Synoden und Kirchenräte)» lediglich dazu verpflichten, «darauf hinzuwirken», dass die römisch-katholische Kirche die gleichberechtigte Zulassung unabhängig von Zivilstand und Geschlecht zum Priesteramt ermöglicht.
Initiative für rechtsgültig erklärt
Rund 3000 Personen haben die kirchlichen Verfassungsinitiativen unterzeichnet, darunter viele Professoren/-innen sowie Theologen/-innen. Die Synoden der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt (RKK) und der Römisch-Katholischen Landeskirche Basel—Landschaft haben die Initiative «zur Förderung der gleichberechtigten Zulassung zum Priesteramt» für gültig erklärt. Nun müssen die Synoden auf Bericht und Antrag der beiden Kirchenräte den Text, wie er in den kantonalen Kirchenverfassungen stehen soll, ausformulieren; dabei können die Synoden die Vorschläge der Kirchenräte auch ändern. Der Text, der in die Verfassung der beiden Körperschaften Eingang finden könnte, könnte zum Beispiel die beiden «Regierungen» beauftragen, jährlich beim Bistum, beim Apostolischen Nuntius in der Schweiz oder einer entsprechenden Amtsstelle im Vatikan zu intervenieren und die Forderung der Basler Katholiken in Erinnerung zu rufen. Nach Beratung und Verabschiedung durch die Synoden wird der vorgeschlagene Text dem Kirchenvolk zur Abstimmung vorgelegt. Wann diese Abstimmung stattfinden wird, ist noch nicht festgelegt. Sagt das römisch-katholische Stimmvolk zu den Vorschlägen der Synode ja, wird der Text auch den Regierungsräten von Baselland und Basel-Stadt vorgelegt, welche als staatliche Behörden die Änderung der Verfassung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft genehmigen muss.
«Keinerlei Vollmacht»
Kniff1ig ist die Situation für die beiden «Kirchen-Regierungen» der beiden kantonalen Körperschaften, weil sie den Spagat machen müssen zwischen den Forderungen der Initianten und der Position der Kirchenleitung in Rom. Papst Johannes Paul II. hatte 1994 bekräftigt, dass die Kirche «keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben». Zu diesen «Gläubigen» gehören auch die Mitglieder der staatskirchenrechtlichen Behörden, die den Verfassungstext aufgrund der «kirchlichen Gleichstellungsinitiative» ausformulieren müssen.
Eine Annahme der Initiative könnte die Mitglieder dieser Behörden in einen «permanenten Gewissenskonflikt» stürzen, befürchtet der Basler Generalvikar. Der Ball jedenfalls liegt nicht in Solothurn, wo sich das Ordinariat des Bistums Basel befindet, sondern in Liestal BL und Basel-Stadt.
kipa / Redaktion Wendekreis