Statement von Oswald Inglin an der Medienkonferenz am 15. August 2014

Angefangen hat alles im Jahre 2010, als bei einem Mittagessen zwei Mitglieder unseres Initiativko­mitees sich über den Zustand der Katholischen Kirche unterhielten und im Laufe dieses Gesprä­ches auch die Idee zur vorliegenden Initiative aufkam.

Ausgelöst hat dieses Gespräch nicht ein konkreter Anlass, sondern die etwas hilflose Feststellung eines Reformstaus in der Kirche und die damit zusammenhängende Betroffenheit und den Unmut bei vielen Gläubigen.

Die beiden trugen ihre Gedanken in ihr Umfeld und bald entwickelte sich daraus eine grössere Gruppe Gleichgesinnter, denen ihre Kirche Heimat bedeutet, aber auch Sorgen und recht eigent­lich auch Schmerz bereitet, den sie aber nicht einfach nach stoischer und christlicher Tradition tu­gendhaft weiterhin lautlos ertragen wollten.

Die Gruppe besteht aus Katholikinnen und Katholiken unterschiedlichster Provenienz, aber auch aus Personen aus Theologie und Jurisprudenz, welche loyal zur Kirche sein möchten und gerade deswegen auf Veränderungen hoffen und arbeiten, damit unsere Kirche in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts wieder glaubwürdiger werde.

Gemeinsam ist diesen Leuten, dass ihnen in ihrem privaten, aber auch professionellen Umfeld im­mer wieder die Frage gestellt wird: Wie kannst Du nur zu einer so rückständigen, repressiven Glaubensgemeinschaft gehören?

Andererseits sind sie aber auch durch die Dutzenden von Resolutionen, Einzelinitiativen, Memo­randen zum Handeln ermuntert worden, die scheinbar nichts am Status quo unserer Kirche zu än­dern vermochten.

Auf den Reformstau blickend, liess sich dieser vor allem auf den exklusiv männlichen und zölibatä­ren Zugang zum Priesteramt und damit insbesondere die Stellung der Frau in unserer Kirche fest­machen.

Während in der Zivilgesellschaft Frauen Staaten und internationale Konzerne leiten, sind Frauen in der römisch-katholischen Kirche von Entscheiden ausgeschlossen. Die wichtigen Entscheide können nur zölibatäre Männer fällen. Frauen sind nur als Beraterinnen in den Entscheidungspro­zess eingebunden, das allerdings teils bis in höhere Gremien.

Zeitschriften zum Thema sind gegründet worden, an Universitäten ist geforscht worden. 2010 ha­ben 240 Theologieprofessorinnen und –professoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Reform-Memorandum unterzeichnet, welchem sich weltweit rund 70 weitere Theologie-Fach­leute anschlossen, wiederum ohne wirklichen Nachhall aus Rom. Darauf hin hat der emeritierte Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner, Wien, im Februar 2011 geschrieben: „Die Zeit des Reso­lutionismus ist vorbei.“

Das mag ein weiteres wichtiges Signal gewesen sein, das unsere Gruppe bestärkte, einen neuen, bisher weltweit noch nicht beschrittenen Weg zu gehen: basisdemokratische Rechte einer staats­kirchenrechtlich verfassten Kirche zu benutzen, und die Reformwünsche eines grossen Teils der Gläubigen in die Kirchenverfassung einzuschreiben.

Chronologie der Ereignisse

  • Am 6. Januar 2011 kam es schliesslich zur Gründungsversammlung des „Vereins Kirchliche Gleichstellungs-Initiative“, der dann die beiden Initiativkomitees für den Kanton Basel-Stadt und den Kanton Basel-Landschaft bestellte.
  • An Pfingsten im Juni 2011 wurde die Unterschriftensammlung lanciert.
  • Am 12. Januar 2012 wurde die nötige Anzahl beglaubigter Unterschriften für eine unformulierte „Kirchliche Gleichstellungsinitiative“ zur Änderung der kantonalkirchlichen Verfassung a) der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt und b) der Römisch-Katholischen Landeskirche des Kantons Basel-Landschaft eingereicht (Anzahl gültige Unterschriften in Basel-Stadt: 878 [nötig 700]; in Basel-Landschaft 1’952 [nötig 1’000]).
  • Das Zustandekommen der Initiative wurde mit Verfügung der Verwaltung der Römisch-Katholi­schen Kirche des Kantons Basel-Stadt vom 1. Juni 2012 und gleichentags durch die Verwaltung der Römisch-Katholischen Landeskirche des Kantons Basel-Landschaft festgestellt;
  • An der Synode Basel-Stadt vom 7. November 2012 wurde die Rechtsgültigkeit beschlossen und der Kirchenrat mit der Ausformulierung beauftragt. Das Gleiche geschah in der Synode Basel­land vom 3. Dezember 2012.
  • An der Synode Basel-Stadt vom 25. Juni 2013 wurde auf Antrag des Kirchenrats die Initiative zur Annahme empfohlen und eine Änderung des Ingresses der Kirchenverfassung zuhanden der Gesamtheit der Stimmberechtigten verabschiedet. Die Synode Baselland fand gleichentags statt. Sie verabschiedete den identischen Text. Dieser soll allerdings dort in der Verfassung unter § 13abis unter „Aufgaben“ eingefügt werden.
  • Der Diözesan-Bischof, Dr. Felix Gmür, der gemäss geltender Kirchen-Verfassung Basel-Stadt Genehmigungsrecht bei Verfassungsänderungen hat, wollte den verabschiedeten Wortlaut nicht genehmigen und schlug eine Besprechung für Dezember 2013 vor. Die Spitzen der Syno­den und der Kirchenräte beider Kantone besprachen sich mit dem Bischof und vereinbarten, im Text das Verb „hinwirken“ durch das Verb „unterbreiten“ zu ersetzen. Dies wurde mit einer ent­sprechenden Medienmitteilung der beiden Landeskirchen am 17. Februar 2014 kommuniziert.
  • Mit Medienmitteilung vom 15.1.2014 erklärten sich die beiden Initiativkomitees mit dem Vermitt­lungsvorschlag des Bischofs einverstanden.
  • An der Synode Basel-Stadt vom 25. März 2014 wurde die neue Formulierung beschlossen. Gleichzeitig wurde der Beschluss mit dem ersten Wortlaut aufgehoben. Der definitive Text wurde im Kantonsblatt vom 2.4.2014 publiziert, die Referendumsfrist ist am 15. Mai 2014 unge­nutzt abgelaufen.
  • Mit Brief vom 22. April 2014 teilte der Diözesanbischof sein Einverständnis mit dem Wortlaut des Änderungsvorschlags offiziell mit. Damit genehmigt er nach einer allfälligen Annahme durch das Kirchenvolk einen neuen Passus im Ingress der Verfassung, den die Synode zwecks Aus­formulierung der „Kirchlichen Gleichstellungsinitiative“ im März 2014 beschlossen hat.
  • Die Synode Baselland tagte am 25. Juni und verabschiedete die neue Version des Verfassungstexts ebenfalls. Im Kanton Basel-Landschaft ist eine Genehmigung durch den Bischof und ein Referendum verfassungs­mässig nicht vorgesehen.
  • Am 1. Juli 2014 stimmte die Basler Regierung, wiederum aufgrund einer verfassungsmässigen Vorschrift, dem Text zu. Auch diese regierungsrätliche Zustimmung ist im Kanton Basel-Landschaft nicht notwen­dig.
  • Im Kantonsblatt Basel-Stadt vom 16. Juli wurde die Volksabstimmung vom 28. September 2014 offizielle ausgeschrieben.