Schweiz: Gleichstellungsinitiative fordert Priesterinnen

Weil sie die Diskriminierung der Frauen in der römisch-katholischen Kirche für inakzeptabel und ein Protestsignal dagegen für dringlich halten, haben sich katholische Christinnen und Christen in zwei Schweizer Kantonen zur Kirchlichen Gleichstellungsinitiative zusammengeschlossen. Die Initiative will die Behörden der römisch-katholischen Kantonalkirchen Basel-Stadt und Basel—Land per Unterschriftenaktion dazu verpflichten, darauf hinzuwirken, „dass die römisch-katholische Kirche die gleichberechtigte Zulassung aller — unabhängig von Zivilstand und Geschlecht – zum Priesteramt ermöglicht“. Im Klartext: Es geht um die Abschaffung des Pflichtzölibats und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt.

In der Schweiz gibt es auf der einen Seite die kirchlichen Gremien und Einrichtungen in den Ordinariaten, auf der anderen Seite kantonale, also staatskirchenrechtliche Gremien wie Synoden und Pfarrgemeinderäte. Wenn Letztere nun durch eine demokratisch legitimierte kirchliche Verfassungsinitiative gezwungen werden, in ihren Satzungen die Forderung nach Gleichstellung festzuschreiben, dann wird es zwar nicht sofort Priesterinnen geben. Denn zuständig dafür bleiben immer noch der Papst und das Kirchenrecht.

Es wäre aber ein Signal, dass die Katholiken in ihrer Mehrheit Veränderungen in ihrer Kirche wünschen. In Basel-
Stadt müssen, bis Ende des Jahres 700 Unterschriften, in Basel-Land 1000 zusammenkommen, damit die Gleichstellungsinitiative Erfolg hat. Dies wird allgemein erwartet.

Die Volksinitiative sei eine Möglichkeit, „die bisher noch nicht ausgeschöpft wurde“, sagt Nationalrätin Anita Lachenmeiet, eine der lnitiatorinnen. Sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollen mit ihrer eher symbolischen Aktion Druck auf die offiziellen Kirchenvertreter ausüben. Sie hoffen zugleich, dass andere Kantone einen ähnlichen Weg beschreiten. Denn die Nichtzulassung der Frauen zum Priesteramt sei, so Lachenmeier, „weder zeitgemäß noch biblisch zu rechtfertigen“.

Für problematisch hält die Kommission für Staatskirchenrecht und Religionsrecht der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz die Gleichstellungsinitiative. Käme es zu einer Umsetzung ihrer Forderungen, würden die staatskirchenrechtlichen Organe als „Fordernde“ auftreten und nicht als „Gesprächspartner“. Auch sei dies ein „institutioneller Eingriff in den Zuständigkeitsbereich der kirchlichen Autoritäten“. Die Kommission befürchtet, dass dann die staatskirchenrechtlichen Strukturen in der Schweiz erneut und entschiedener von konservativer Seite infrage gestellt werden könnten.

Georg Stolze
Publik-Forum, Nr. 16/2011