Historischer Schritt in den Römisch-Katholischen Kirchen der beiden Basel: Ein Initiativkomitee verlangt die Gleichstellung der Geschlechter und die Aufhebung des Pflichtzölibats. Es greift damit ein Tabu-Thema auf, dessen Botschaft bis nach Rom vordringen dürfte.
Historischer Schritt in den Römisch-Katholischen Kirchen der beiden Basel: Ein Initiativkomitee verlangt die Gleichstellung der Geschlechter und die Aufhebung des Pflichtzölibats. Es greift damit ein Tabu-Thema auf, dessen Botschaft bis nach Rom vordringen dürfte.
Die gleich lautenden unformulierten Begehren werden morgen Donnerstag den Synoden (Kirchenparlamenten) in beiden Kantonen überreicht. Die Kernforderung der Initianten klingt erfrischend fortschrittlich: Der Zugang zum Priesteramt soll im Stadt- und im Landkanton künftig unabhängig von Zivilstand und Geschlecht möglich sein. Bei Annahme der Initiative verpflichten sich die Kirchenräte (Exekutive) und Synoden dazu, die Gleichstellung von Männern und Frauen voranzutreiben.
„Höchste Zeit, ein Zeichen zu setzen“
Das Initiativkomitee hält in einer Erklärung fest, dass „die Diskriminierung von Frauen in der Römisch-Katholischen Kirche inakzeptabel“ sei. Es sei an der Zeit, „ein Zeichen zu setzen“. Die Befürworter halten den Schritt längst für überfällig, die katholische Kirche mache sich durch diese ungelösten Fragen unglaubwürdig. „Vielen Menschen fällt es daher immer schwerer, sich mit der katholischen Kirche zu identifizieren und Mitglied zu bleiben“, heisst es weiter.
Laut Xaver Pfister, dem Informationsbeauftragten der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt, bestehe ein Teilziel der Initiative darin „auszutesten, was die Synode darüber denkt“. Denn nur wenn sich eine Mehrheit dieses Gremiums für die Änderungen ausspricht, können diese auch umgesetzt werden. Pfister ist allerdings skeptisch, was die Chancen des Antrags in der Kirchenbehörde betrifft. Ihm schwant, dass es in der Synode zwar „sowohl Befürworter als auch Gegner“ hat, tendenziell aber „eher mehr Gegner“.
Anders als bei staatlichen Initiativen muss bei den katholischen Begehren nicht zwingend das Kirchenvolk befragt werden, was laut Pfister jedoch „nicht das Unvernünftigste wäre“. Die Synode kann mit Zweidrittels-Mehrheit die Kirchenverfassung auch in eigener Kompetenz ändern. Allerdings muss der Bischof die baselstädtische Verfassungsänderung noch absegnen, was im Baselbiet nicht erforderlich ist. CVP-Grossrat Oswald Inglin, Mitglied im Initiativkomitee und ehemaliger Synodenpräsident, glaubt daran, dass die Basis für die radikale Reform-Forderung der Initiativen „durchaus bereit wäre“.
Keine schnelle Lösung
Allerdings wäre der Handlungsspielraum der Synoden und Kirchenräte auch dann eng begrenzt, wenn sie das Begehren guthiessen. Denn letztlich kann nur der Vatikan über die Geschlechter-Gleichstellung und die Abschaffung des Pflichtzölibats verfügen. Auch wenn es vielen Katholiken in diesen Fragen nicht schnell genug gehen kann, wäre bei Annahme der Volksbegehren eine rasche Umsetzung noch in weiter Ferne.
Den Initianten geht es aber in erster Linie darum, ein starkes Signal in Richtung Rom zu senden. „Der Anfang muss gemacht werden“, meint Inglin mit Überzeugung, und vielleicht habe dies dann auch Signalwirkung auf andere Kantone. Erste Sympathiebekundungen seien bereits eingetroffen.
Neue Debatte erwünscht
Jedenfalls wagen die Initianten, an zwei Grundfesten der katholischen Kirche zu rütteln und damit eine latente Diskussion neu aufzugreifen. Für Kirchen-Sprecher Xaver Pfister wäre ein wichtiges Ziel der Initiative schon dann erreicht, wenn wieder eine sachliche Debatte über das heisse Thema „angefacht“ werden könnte. Denn die Gegenargumente der katholischen Kirche hält er für „problematisch“. Eine der offiziellen Begründungen aus Rom laute, so Pfister weiter, dass es sich beim heutigen Zustand um ein „festgeschriebenes Gesetz von Gott“ handle, das von der Kirche nicht geändert werden könne.
Ob aber der Ruf aus Basel überhaupt laut genug wäre, um auch in Rom vernommen zu werden, hängt von der Deutlichkeit des Entscheids ab. „Eventuell wird die Bischofskonferenz darauf reagieren“, meint Pfister lakonisch. Die tatsächliche Bedeutung der Initiative wird sich wohl erst später zeigen.
Michael Baumgärtner, 11. Januar 2012