In der Frage der kirchlichen Gleichstellung prallen zwei Rechtssysteme aufeinander

«Was erlauben sich die?» und «eine Katastrophe, dass das heute überhaupt noch nötig ist»: Solche kontroversen Reaktionen zeigen, in welchem Spannungsfeld die Initiative für kirchliche Gleichstellung liegt.

Wenn die Katholiken und Katholikinnen in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft am 28. September über die Verfassungsartikel bezüglich kirchliche Gleichstellung entscheiden, ist das ein historischer Moment. Nicht wegen des Inhalts der Verfassungsänderungen, sondern weil es in der Geschichte der Kirche der erste Versuch ist, mit dem Mittel einer Verfassungsinitiative Reformwünsche im Staatskirchenrecht festzuhalten und so Einfluss auf eine Frage des kirchlichen Rechts zu nehmen.

Natürlich ist den Initiantinnen und Initianten bewusst, dass ein Ja zu den Gleichstellungsartikeln in den Verfassungen der römisch-katholischen Landeskirchen in den beiden Basel keine direkten Folgen haben kann. Die Kompetenzen sind unbestritten: Die Zulassung zum Priesteramt ist im kirchlichen Recht geregelt, die staatskirchenrechtlichen Behörden haben hier keinen Spielraum. Es gehe um einen Kampf auf symbolischer Ebene, sagte Monika Hungerbühler, Co-Leiterin des Dekanats Basel-Stadt und Mitglied des baselstädtischen Initiativkomitees, beim Kampagnenstart. «Wir möchten ein Zeichen geben an die kirchliche Leitung.»

Es geht (auch) darum, dass das Thema «gleichberechtigte Zulassung zum Priesteramt» ein Thema bleibt. Die neuen Verfassungsbestimmungen sind ein Auftrag: Bei einer Annahme wären die staatskirchenrechtlichen Behörden verpflichtet, den kirchlichen Organen das Anliegen zu unterbreiten, dass Veränderungen insbesondere in Bezug auf die gleichberechtigte Zulassung zum Priesteramt, unabhängig von Geschlecht und Zivilstand, ermöglicht werden. Und was kann die Basis beitragen? «Nicht locker lassen, immer wieder darauf hinweisen», beantwortete Monika Hungerbühler diese Frage.

Was hat die Initianten und Initiantinnen zum Engagement bewogen? Er werde immer wieder gefragt, wie er einer solch rückständigen und repressiven Glaubensgemeinschaft angehören könne, sagte Oswald Inglin, CVP-Grossrat und früherer Präsident der baselstädtischen Synode. Für ihn und seine Mitstreitenden bedeute die katholische Kirche Heimat, soziales Netz. Am Anfang sei ein Gespräch zweier Mitglieder des Initiativkomitees über den Zustand der katholischen Kirche gestanden. Auslöser dafür sei nicht ein konkreter Anlass gewesen, sondern einfach die Feststellung, dass in der katholischen Kirche ein Reformstau bestehe und dies bei vielen Gläubigen zu Betroffenheit und Unmut führe.

Nicht überall stiessen die Initianten auf Zustimmung. Kritik geäussert hatte noch während der Unterschriftensammlung auch die Kommission für Staatskirchenrecht und Religionsrecht der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz. Die im Initiativtext angesprochenen Fragen müssten von der Kirche selbst geklärt werden, hielt die Kommission fest. Die Gefahr sei gross, dass der Vorstoss nicht die von den Initianten gewünschte Wirkung habe, sondern dazu führe, dass die staatskirchenrechtlichen Strukturen in Frage gestellt würden.

 Regula Vogt-Kohler