Erste Volksinitiativen in den katholischen Landeskirchen beider Basel.

Die Behörden der römisch-katholischen Kantonalkirchen in Basel-Stadt und Baselland sollen darauf hinwirken, dass die Gleichberechtigung auch beim Priesteramt hergestellt wird. Dies fordern zwei gleich lautende Volksinitiativen, für die ab Pfingsten Unterschriften gesammelt werden.

Es scheint in beiden Kantonalkirchen die erste Volksinitiative zu sein. Weder Heinz-Peter Mooren, Präsident der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt noch sein Baselbieter Kollege Ivo Corvini wissen etwas von einem früheren Volksbegehren in der rund 40-jährigen Geschichte als öffentlich-rechtlich verfasste Kirchen. Sie hätten diesen Weg gewählt, um eine breite Diskussion im Volk und in den Gremien zu initiieren, erklärt Anita Lachenmeier, die als Nationalrätin weiss, dass jetzt zuerst die Knochenarbeit des Unterschriftensammelns bevorsteht. 700 müssen es im Stadtkanton sein, 1000 in Baselland. Aber natürlich können bei diesen Initiativen nur die in der jeweiligen Landeskirche Stimmberechtigten unterschreiben.

Gerade weil so viele der Kirche den Rücken zugekehrt hätten, sei es wichtig zu zeigen, dass es Menschen gibt, die in der Kirche weiterarbeiten wollen. Lachenmeier ist sich bewusst, dass die Katholiken beider Basel nur einen kleinen Teil der römisch-katholischen Kirche bilden. Und sie weiss, dass die «gleichberechtigte Zulassung zum Priesteramt» – unabhängig von Zivilstand und Geschlecht – in der Leitung der Gesamtkirche nicht auf offene Ohren stösst. Sie hofft aber, dass andere Kantonalkirchen nachziehen und dass auch in andern Ländern eine grös­sere Basisbewegung entstehen könnte. Eine Initiative sei das zentrale demokratische Mittel. Hier würden die Gläubigen als Mündige angesprochen.

Wenn die nötigen Unterschriften zusammenkommen, werden sich erst die beiden Kirchenparlamente mit der jeweiligen Initiative befassen müssen. In Basel-Stadt könnte dies wohl noch im Rahmen der sich in Arbeit befindenden Verfassungsrevision geschehen. In der Baselbieter Synode wird aber bereits im Juni in erster Lesung über eine Revision diskutiert. Das Volk hat so oder so an der Urne das letzte Wort, entweder über eine neue Bestimmung in der Verfassung oder – falls die Synode das Begehren ablehnt – über die Initiative.

Bis der Basler Kirchenrat oder der Baselbieter Landeskirchenrat allenfalls tätig werden muss, wird noch einige Zeit vergehen. Kirchenratspräsident Mooren will sich öffentlich nicht zum Begehren äussern, bis die Synode darüber entschieden hat. Landeskirchenratspräsident Corvini befürchtet, dass die Wirkung bei einer Annahme klein bleiben könnte, da es sich bei der Zulassung zur Priesterweihe um eine Frage der Weltkirche handle. Offen sei, ob die Synode von ihm dann regelmässige Reisen nach Rom oder nur einen Brief an den Bischof erwarten würde.

Alois Schuler

In der christkatholischen Kirche ist die Gleichberechtigung bereits Realität. (Foto: Jean Drummond-Young)


Lebendige Kirche

Mit den beiden Volksinitiativen kommt endlich ein wenig Leben in die demokratisch verfassten kantonalkirchlichen Körperschaften in Basel-Stadt und Baselland. Die Kirchgemeinden und die Landeskirche in Baselland und ihr städtisches Pendant leisten zwar wichtige Dienste für das kirchliche Leben, indem sie Kirchensteuern generieren und verwalten. Die Entscheide werden demokratisch getroffen, doch die Teilnehmerzahlen an Kirchgemeindeversammlungen sind meist erbärmlich und die Kirchgemeinderäte und Synodalinnen werden oft in stiller Wahl bestimmt.

Die kantonalkirchlichen Organisationen sind als halbdirekte Demokratien organisiert. Die meisten Entscheide fällen die gewählten Repräsentanten. Doch die stimmberechtigten Katholiken können über eine Volksinitiative auch direktdemokratisch entscheiden. Und wie beim Bund oder in den Kantonen geht mit einer Volksinitiative ein sehr viel breiterer Meinungsbildungsprozess einher, als wenn das Parlament entscheidet. Es könnte für viele das erste Mal sein, dass sie ihre Stimme in einer kantonalkirchlichen Angelegenheit abgeben werden.

Noch ist allerdings erst eine Absicht geäus­sert. Die Komitees in Stadt und Land müssen die harte Arbeit des Unterschriftensammelns nun anpacken und dann erfolgreich abschliessen. Und natürlich sind nicht alle inhaltlich einverstanden. Papst Johannes Paul II. erklärte 1994 – «damit jeder Zweifel beseitigt wird» –, dass die Kirche keine Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Diskutiert wird sicher auch, ob eine solche Initiative innerhalb der staatskirchenrechtlich verfassten Körperschaft überhaupt zulässig ist.

Allerdings: Die Initiativen, wenn sie denn ­alle Hürden nehmen, verlangen von den kan­tonalkirchlichen Behörden einzig, dass sie bei den in dieser Frage zuständigen kirchlichen Amtsträgern auf die Gleichstellung in der Frage der Priesterweihe hinwirken. Für eine neue gesamtkirchliche Entscheidung wäre wohl ein Konzil von Nöten … Gemäss der Bibel weht der Geist Gottes allerdings wann und wo er will. Und er hat eine Vorliebe für eine lebendige Kirche.

Alois Schuler, Chefredaktor

Kirche heute, 09.06.2011