Inner-katholische Initiative will Frauenordination und Ende des Zölibats in Kirchenverfassungen beider Basel verankern. 

Katholische Vertreterinnen und Vertreter informierten am 7. Juni in Basel über den bevorstehenden Start einer „Initiative zur Förderung der gleichberechtigten Zulassung zum Priesteramt“ mit dem Ziel, die Forderungen zur Abschaffung des Pflichtzölibats und der Zulassung der Frauen zum Priesteramt in den Kirchenverfassungen von Basel-Stadt (BS) und Basel-Landschaft (BL) festzuschreiben. Die zuständigen kantonalen kirchlichen Behörden sind die Synode (BL) und Kirchenrat (BS). Die Initianten wollen sich mit diesem demokratischen Mittel für die Gleichstellung im Sinne der Bundesverfassung und des Evangeliums einsetzen.

Die Initiativkomitees, bestehend aus 33 römisch-katholischen Persönlichkeiten (12 aus BL und 21 aus BS), nehmen mit dieser Unterschriftensammlung erstmals in der römisch-katholischen Kirche der beiden Halbkantone das demokratische Recht einer Verfassungsinitiative in Anspruch. Der Start der Unterschriftensammlung soll noch vor Pfingsten beginnen. Für das Zustandekommen dieser Gleichberechtigungsinitiativen sind in BL 700 und in BS 1.000 gültige Unterschriften von Kirchenmitgliedern über 16 Jahre erforderlich. Die Unterschriftensammlung soll, so die Initianten, am 31. Dezember abgeschlossen werden. Die Komitees hoffen auch, dass in anderen Kantonen ähnliche Aktionen zustande kommen.

An der Medienorientierung betonten die vier Sprecher der beiden Kirchenvolksbegehren, Anita Lachenmeier-Thüring, Oswald Inglin, Helen Ida Schüngel-Straumann und Monika Hungerbühler, dass wegen der vatikanischen Unbeweglichkeit in der Frauenordinationsfrage viele Katholiken in Resignation immigriert oder aus der Kirche ausgetreten seien. In jüngster Zeit hätten sich allerdings verschiedene Bischöfe für Frauen als Priesterinnen bzw. für die Einführung eines Diakonats der Frau starkgemacht.

Die grüne Nationalrätin Anita Lachenmeier-Thüring und Mitglied des Initiativkomitees BS, verwies auf den in der Bundesverfassung verankerten Gleichstellungsartikel von Mann und Frau. Weil die Gleichstellung der Frau in der katholischen Landeskirche noch nicht gewährt werde, stelle diese sich klar in einen Widerspruch zum Schweizer Gleichstellungsrecht. Die Nationalrätin ist sich bewusst, dass mit diesen kantonalen Initiativen die Gleichstellung der Frau in der katholischen Kirche nicht schnell eingeführt werden könne. Aber für die Kirche beider Basel bedeute dies „einen ersten Schritt in einem längeren Prozess,“ so Lachenmeier. Die Bevormundung erwachsener Personen sei nicht mehr zeitgemäss und widerspreche dem Geist des Evangeliums, das vor über 2.000 Jahren „alle Menschen als mündige und selbstbestimmte Personen ernst nahm“.

Nach Ansicht von CVP-Grossrat Dr. Oswald Inglin könne die katholische Kirche „viel an Glaubwürdigkeit und vielleicht auch an Gläubigen zurückgewinnen, wenn sie Priester und Priesterinnen hat, die in ihren Gemeinden jene Lebensform praktizieren dürfen, aus der heraus sie Kraft und Rückhalt für ihre wichtige und schwierige Aufgabe schöpfen können“. Er bezeichnete es als eine „unmögliche Situation“, dass zu Eucharistiefeiern „irgendein Priester in eine für ihn unbekannte Gemeinde ‚eingeflogen werden muss‘, damit diese wieder einmal richtig Gottesdienst feiern kann“. So komme es heute in den Kirchgemeinden immer öfter zu „Begegnungen mit dem unbekannten Priester“.

Auf das Zeugnis des Neuen Testaments über das Wirken der Frauen als Apostelinnen, Prophetinnen und anderen Leitungsfunktionen wies die Bibelwissenschaftlerin Helen Ida Schüngel-Straumann hin. Die in Basel lebende emeritierte Theologieprofessorin gilt als eine der „Urmütter“ der feministischen Theologie im deutschen Sprachraum. Es sei höchste Zeit, so Schüngel-Straumann, „dass die zahlreichen Untersuchungen und Ergebnisse feministischer Bibelexegetinnen auch in Rom wahrgenommen werden“. Die Nichtzulassung der Frauen zum Priestertum stehe den Berichten im Neuen Testament diametral entgegen. Für eine glaubwürdige katholische Kirche genügten „kleine Reförmchen“ nicht mehr, vielmehr gehe es um „radikale, auf die Wurzeln (des Evangeliums) zurückgehende Veränderungen,“ so die Theologin. „Nur wenn der Männlichkeitswahn überwunden wird und die hierarchischen Strukturen einer geschwisterlichen Form weichen, könnte die liebenswürdige und menschenfreundliche Botschaft der Heiligen Schrift (in der Kirche) wieder zum Zuge kommen,“ resümierte Schüngel.

Monika Hungerbühler, Theologin und Leiterin der Frauenstelle der Römisch-Katholischen Kirche des Kanton Basel-Stadt (RKK), erläuterte, dass es in der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) eine wachsende, öffentliche Kritik am Ausschluss der Frau von allen Weiheämtern (Diakonat, Presbyterat und Episkopat) gebe. Zahlreiche kirchen- und lehramtliche Verlautbarungen hätten bis heute zu begründen versucht, weshalb die Weihe nur ein getaufter Mann empfangen könne. Es sei jedoch Tatsache dass die Päpstliche Bibelkommission (Pontificia Commissione Biblica), ein Beratergremium des Papstes für Fachfragen über die Heilige Schrift, „kein Verbot weiblicher Priester aus der Bibel herauslesen konnte und dass der Heilsplan Christi durch die Zulassung der Frauenordination nicht verfälscht werde,“ so Hungerbühler. Die Bibelkommission machte diese Aussage bereits 1976, nach dem sie vor der Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre „Zur Frage der Zulassung der Frauen zum Priesteramt“ (Inter Insignores) beratend beigezogen wurde.

Kleiner kirchengeschichtlicher Einschub

Im Apostolischen Schreiben „Ordinatio Sacerdotalis“ vom 22. Mai 1994 erklärte Papst Johannes Paul II. die Diskussion in der Kirche um die Frauenordination als beendet. Der Papst wörtlich: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“

Diese Verlautbarung von Papst Johannes Paul II. wonach über die Priesterweihe von Frauen nicht mehr diskutiert werde, hält Helen Schüngel-Straumann für eine seltsame Vorgabe, da man den Frauen das Denken ja nicht verbieten könne. Damit würde nur das Gegenteil erreicht.

Ganz anders lautete die Meinung von Papst Johannes XXIII. Er benannte in der Enzyklika „Pacem in terris“ (1963) die Frauenfrage als „Zeichen der Zeit, durch das Gott in der Geschichte wirkt.“

Mit diesen kirchlichen Begehren zur Aufnahme der Forderungen nach gleichberechtigter Zulassung zum Priesteramt – unabhängig von Zivilstand und Geschlecht – und Abschaffung des Pflichtzölibats in die Kirchenverfassungen solle die von Papst Johannes Paul II. unterbundene Diskussion über das Thema Frau und Priestertum neu angekurbelt werden, so Hungerbühler.

Basel/Schweiz, 08.06.2011/CBS KULTUR INFO 

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