Die kirchliche Gleichstellungs-Initiative kommt Ende September in beiden Basel vors Volk. Mit der Initiative soll die Forderung nach dem Priestertum für Frauen und Verheiratete in der Verfassung der römisch-katholischen Landeskirchen verankert werden. Die Synode der Katholiken aus dem Baselbiet schwenkte am Mittwochabend in Binningen auf einen Kompromissvorschlag ein, der von der Landeskirche Basel-Stadt bereits im März verabschiedet worden war. Der Vorschlag kommt dem Bischof von Basel entgegen, der sich für den Initiativtext eine weniger fordernde und mehr bittende Formulierung gewünscht hatte. Während der Versammlung des Kirchenparlaments in Binningen war lange und hart um die Annahme des Kompromisses gerungen worden.
Synode muss in die Verlängerung
21.04 Uhr ist der Moment der Entscheidung. Der neuerliche Entscheid nach einem kuriosen Abend unter Katholiken im sommerlich aufgeheizten Gemeindezentrum Binningen. Im grossen Saal sitzen die Parlamentarier der Römisch-katholischen Landeskirche in Plastikstühlen und beklatschen ihr Ja zur Kompromissformel der kirchlichen Gleichstellungs-Initiative, als wäre es ein spätes WM-Tor der Schweiz. Es ist ein Ja zu Frauen und Verheirateten im Priesteramt – und es ist das Ja zum Kompromiss zwischen den beiden Basler Landeskirchen und ihrem Bischof Felix Gmür.
Knapp 90 Minuten zuvor war der Kompromiss schon einmal gekippt worden: Tagesordnungspunkt 12.1. Abstimmung über das Rückkommen auf die Initiative, die gegen den akuten Priestermangel helfen soll. Eine Zweidrittelmehrheit der Synode wäre laut Verfassung notwendig, um über den Dauerläufer unter den Kirchenthemen noch einmal zu diskutieren. Alex Wyss, Vertreter des Initiativkomitees und Landeskirchenrat, erläutert, dass ein im Dezember mit dem Bischof vereinbarter Vorschlag lediglich eine kleine Bereinigung sei – «sprachlicher Natur». Das aber sehen nicht alle so.
Mit dem Bischof war bereits im Dezember ausgemacht worden, dass der Initiativtext eine schwächere Formulierung enthalten sollte, wenn er im Herbst vors Volk kommt. Die Verfassungsänderung sollte dann enthalten, dass die Landeskirchen den Wunsch nach Gleichstellungunterbreiten, statt darauf hinzuwirken. Kirchenrecht ist komplex: Ausschlaggebend für den Kompromiss ist der geplante Gleichschritt mit der Kirche Basel-Stadt, die ihre Verfassungsänderungen dem Bischof vorlegen muss.
Keine Bittsteller
Im Baselbiet gibt es kein explizites Veto für Gmür. Deshalb entzündet sich in Binningen eine Diskussion, die abgekürzt so lautet: Die Gegner des Kompromisses wollen nicht Bittsteller sein, die Befürworter sehen die Gemeinschaft der beiden Landeskirchen während der Kampagne in Gefahr.
In der ersten Abstimmung hatte nur eine Stimme für das Zweidrittelsmehr gefehlt, wie der Vizepräsident der Synode, Niggi Thurnherr, sagt. Unmittelbar nach der Abstimmung ist es still. Die Verwunderung der Kirchenparlamentarier ist fast schon mit Händen zu fassen. Die Konsequenzen des faktischen Neins zum Kompromiss? Sie sind erst einmal unabsehbar. Die Synode läuft weiter, es ist kurz nach 20 Uhr, die Minuten vergehen – um 22 Uhr ist Anpfiff der Begegnung Schweiz gegen Honduras.
Nach etwa der Dauer einer Fussballhalbzeit lässt Thurnherr die Initiative noch einmal zur Diskussion zu. Das Parlament hatte sich nunmehr seit dreieinhalb Stunden durch Anträge und Kommissionsberichte gearbeitet. Das Traktandum Diverses wird zur Verlängerung für die Delegierten.
«Als Mitglied des Initiativkomitees weiss ich nicht, wie wir jetzt weitermachen sollen», sagt Alex Wyss. Er fürchtet um das Anliegen, die Arbeit von vier Jahren stehe vor dem Aus. Das Echo der Synodalen ist vielstimmig: Eine Blossstellung in den Medien drohe, sollten die beiden Basel bei dieser Initiative getrennte Wege gehen. Die Synode werde lächerlich gemacht. Der Bischof werde durch die Ablehnung hintergangen, ja brüskiert. Doch auch andere Stimmen lassen sich in dem Schlagabtausch vernehmen: «Ich weiss nicht, ob wir uns lächerlich machen, wenn wir eine Nuance anders sind als Basel-Stadt», sagt ein Delegierter.
Hektische Rechnerei
Die nächste Abstimmung: Hektisch. Das Ergebnis: Es fehlt wieder eine Stimme. 67 Synodale sind anwesend, hiess es anfangs. Das Synodenbüro rechnet.
Es folgt ein fast schon biblischer Moment: Thurnherr ruft in den Saal. Die Synodalen müssen sich zählen lassen. Lediglich 65 sind im Raum. Die Zweidrittelmehrheit ist doch noch geschafft. Die eigentliche Diskussion über den Wortlaut ist kurz. Schliesslich, um 21.04 Uhr, folgt das Ja mit grosser Mehrheit zum geänderten Initiativtext.
Am Tag danach sagt Thurnherr, dass er sich frage, ob man unter dem Traktandum Diverses überhaupt über das Rückkommen hätte abstimmen dürfen. Seine Antwort ist Ja. Die Kirchenparlamentarier selbst hatten bis gestern Nachmittag keinen Widerspruch gegen das Verfahren eingelegt, das Thurnherr selbst «als ungewöhnlich» beschreibt. Letztlich hätten die Kirchenvertreter ja alle dasselbe Ziel: die Initiative zu unterstützen.
Am 28. September soll das Kirchenvolk über diese entscheiden. Dann ist nur eine Abstimmung vorgesehen.
Patrick Griesser, Basler Zeitung