Ein Kommentar zur Gleichstellungsinitiative von Peter Facklam (geboren 1930), von 1980 bis 1992 Basler Regierungsrat und Vorsteher des Justizdepartements.
Zur Diskussion steht die Gleichstellungsinitiative. Sie «soll die Behörden der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt und der Römisch-Katholischen Landeskirche Baselland verpflichten, darauf hinzuwirken, dass die Römisch-Katholische Kirche die gleichberechtigte Zulassung – unabhängig vom Zivilstand und Geschlecht – zum Priesteramt ermöglicht».
Der Schreibende war von 1980–1992 Vorsteher des Justizdepartementes (heute Justiz- und Polizeidepartement) und hatte u.a. das Dossier «Frauen» zu betreuen. Zentrales Thema war die Gleichberechtigung.
Geschichtliches:
- Neues Testament: In einem Brief, gerichtet an Timotheus, hält Paulus fest: «Ein Gemeindeleiter muss ohne Tadel sein. Er darf nur mit einer Frau zusammenleben» (1. Tim. 3.2). Dasselbe schreibt Paulus an Titus: «Ein Presbyter soll nur mit einer Frau leben» (Tit. 1.9).
- Kirchenunion 1596 zwischen einem Teil der orthodoxen Metropole Polen–Litauen und der römisch-katholischen Kirche. Sie unterstellte jene der Oberhoheit des Papstes, übernahm katholische Glaubenslehren, nicht aber das Zölibat.
Rechtliches:
In der Schweiz stehen sich die katholische Kirche als eine universale hierarchisch aufgebaute Weltkirche mit eigener Rechtspersönlichkeit einerseits und kantonalrechtliche Landeskirchen andererseits gegenüber. Die Landeskirchen sind nicht in die Weltkirche integriert. Sie unterstehen, wie es der Name schon sagt, kantonalem Recht. Diese Dualität der Rechte kann zu Konflikten führen. Die Gleichstellungsinitiative ist kantonalrechtlich somit gültig. Für die Kirche hingegen ist sie nicht verbindlich, verlangt sie doch eine Änderung von kirchlichen Rechtssätzen (Beseitigung des Pflichtzölibates und Zulassung der Frauen zum Priesteramt).
Sie kann aber als unverbindliches Petitum oder in Anlehnung an das kantonale Staatsrecht als Petition angesehen werden. Eine Petition verpflichtet den Angesprochenen zu nichts ausser zu einer Antwort. Er muss begründen, warum er sie ablehnt. Das wissen die Initianten sehr genau und fordern deshalb nicht, dass das Kirchenrecht abgeändert wird, sondern dass die Kirchen der beiden Halbkantone auf eine Gleichstellung «hinwirken». Das kann zur Einsicht der Gesamtkirche führen, dass etwas getan werden muss.
Bischof Gmür wäre gut beraten, wenn er die Petition behandeln, sie der Schweizerischen Bischofskonferenz unterbreiten und, falls sie bei seinen Kollegen Anklang findet, den Antrag stellen würde, das Petitum nach Rom zu schicken. Als Mitglied der Kirche kann ich nur sagen, es «brodelt». In zweierlei Hinsicht. Nicht allein das Zölibat steht zur Diskussion, sondern vielmehr die Gleichstellung der Frauen. Bei einer derart verfahrenen Situation bietet sich für viele nur der Austritt.
Im Sinne des Liebesgebotes
Das Zölibat und der Ausschluss der Frauen vom Priesteramt gehören zur katholischen Lehre. Diese wird vom Papst bestimmt. Der Gläubige, also jeder Katholik, hat die Lehre zu akzeptieren, zu glauben, vorbehaltlos. Nicht alle Glaubensinhalte sind in Stein gemeisselt. Ganz zentrale, wie der Glaube an Jesus Christus, sind unumstösslich, unterliegen aber dennoch der Hermeneutik. Weniger zentrale, wie das Zölibat und die Frauenordination können m. E. infrage gestellt werden. Wer die Diskussion ablehnt und kein Verständnis für fundamentale und ernsthafte Anliegen der Gläubigen aufbringt, verletzt eines der wichtigsten Gebote der Christenheit, das Gebot der Liebe. Die Frauen verlangen gleiche Rechte, was absolut gerechtfertigt ist. Der Diözesanbischof weigert sich nun, dieses Anliegen an eine höhere Instanz weiterzuleiten. Seine Argumente gegen ein derartiges Vorgehen sind wenig überzeugend.
Noch problematischer ist eine Aussage von Papst Johannes Paul II. Dieser hält unfehlbar fest, dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen zu Priesterinnen zu machen. Die katholische Kirche bräuchte einen zweiten Luther; noch besser wäre es, wenn die beiden Landeskirchen Mut zeigen würden.