Die Römisch-Katholische Kirche in Basel-Stadt und die Landeskirche in Baselland haben gestern vom Kirchenvolk den Auftrag bekommen, sich für eine Abschaffung des Zölibats und für die Zulassung von Frauen zum Priesteramt einzusetzen. Das Ergebnis der sogenannten Gleichstellungs-Initiative fiel deutlich aus: In Basel-Stadt stimmten rund 81 Prozent für das Anliegen, in Baselland waren es noch mehr: Dort fand die Initiative laut einem vorläufigen Ergebnis von gestern Abend bei 87,4 Prozent der Katholiken Zustimmung. Die Wahlbeteiligung fiel allerdings verhalten aus. In Basel-Stadt ging nur jeder Fünfte zur Wahl, in Baselland fast jeder Dritte.Das Ja zur Initiative hat in beiden Kantonen nun eine Verfassungsänderung zur Folge. Die Kirchenleitung – bestehend aus Kirchenrat und den Gemeindedelegierten in der Synode – hat nun als Staatskirche einen zusätzlichen Auftrag. Sie soll im Dialog mit dem Diözesanbischof das Ziel der Initiative vorantreiben. Wörtlich heisst es nun in den geänderten Verfassungen, die vermutlich ab 2015 in Kraft treten: «In diesem Rahmen unterbreitet sie (die Kirche in Basel-Stadt und Baselland) das Anliegen – auch bei der Weiterentwicklung des kirchlichen Rechts –, dass Veränderungen insbesondere in Bezug auf die gleichberechtigte Zulassung zum Priesteramt, unabhängig von Zivilstand und Geschlecht, ermöglicht werden.» Die Änderung der Verfassung in Baselland bedarf noch der Genehmigung des dortigen Regierungsrats.

Die Folgen dieses Entscheids sind schwer abschätzbar. Die staatskirchenrechtlichen Organe aus Basel-Stadt und Baselland betonten gestern in einer gemeinsamen Mitteilung der beiden Kirchenräte, dass sie das gemeinsame Vorgehen koordinieren und das Anliegen den zuständigen kirchlichen Organen immer wieder unterbreiten wollen. Ende Oktober wollen die Verantwortlichen mit dem Bischof die Initiative ansprechen. «Es ist wichtig, dass die Gespräche kooperativ laufen», sagt der basel-städtische Kirchenratspräsident Christian Griss. Auch beim Nuntius, dem päpstlichen Gesandten in der Schweiz, wollen die Kirchenvertreter aus Stadt und Land vorsprechen. Womöglich werden die Basler Katholiken auch direkt im Vatikan vorstellig, wie der Baselbieter Landeskirchen­präsident Ivo Corvini gestern sagte.

Keine Wirkung auf Kirchenrecht

Direkte Auswirkungen auf das Kirchenrecht hat das Ja zur Initiative nicht. In der Schweiz existiert ein Dualismus des Staatskirchenrechts und des im Vatikan festgelegten Kirchenrechts, das den Zugang zum Priesteramt verbindlich regelt.

Die Initianten, ein Komitee aus 40 Mitgliedern, sprachen gestern von einem Erfolg. Monika Hungerbühler, eine der Ideengeberinnen des Vorstosses, äusserte die «grosse Hoffnung», dass es in den weiteren zum Bistum Basel gehörenden Kantonen zu vergleichbaren Initiativen kommen werde. Die niedrige Wahlbeteiligung sei eine Enttäuschung: «Ich kann es nicht verstehen, wenn man sein Recht bei Abstimmungen nicht wahrnimmt. Das gilt aber nicht nur für die Kirche», sagte Hungerbühler.

Die Katholiken in Basel-Stadt haben noch in einer weiteren Frage entschieden: Der Basler Bischof Felix Gmür wird künftig keine Genehmigungspflicht bei Verfassungsänderungen für seelsorgerliche Belange mehr haben. Gmür verzichtete freiwillig auf dieses Veto, welches ihm einzig im Stadtkanton offen stand. Laut Angaben des Bistums sei es nicht sinnvoll, wenn der Bischof ein Vetorecht in Verfassungen habe, die klar öffentlich-rechtlicher Natur seien. Der Kirchenrat und die Synode hatten im Vorfeld eine Annahme der entsprechenden Initiative empfohlen. Das Kirchenvolk hat dem Wunsch des Bischofs mit 87 Prozent Ja-Stimmen entsprochen.

Patrick Griesser, Basler Zeitung