Die Zentralkonferenz der katholischen Landeskirchen der Schweiz ist nicht glücklich über die Initiative in beiden Basel zur Abschaffung des Zölibats.

VON BORIS BURKHARDT

Selbstverständlich wussten die Katholiken beider Basel, dass ihr Anliegen an die beiden Landessynoden nur symbolischen Charakter haben kann, als sie Ende Mai die Unterschriftenaktion für ihre nicht-formulierte „Gleichstellungsinitiative“ starteten: Die Landeskirchen Basel-Stadt und Baselland sollen jeweils das Verfassungsziel verankern, auf eine Öffnung des Priesteramtes für jedes Geschlecht und jeden Zivilstand, sprich: auch Frauen und Verheiratete, zu öffnen (bz vom 21. Mai). Dennoch wollten sie ihr „basisdemokratisches Recht“ nutzen für ein Anliegen, „das seit Jahren in der Diskussion ist“, bestätigt Komiteemitglied und Pfarreirat in Heiliggeist, Josef Jeker, gegenüber der bz.

Der Erfolg gibt den 32 prominenten Initianten bisher recht: Seit Pfingsten wurden in Basel-Stadt bisher rund 400 der 700 nötigen, in Baselland über 500 von 1000 Unterschriften gesammelt. In beiden Kantonen ist das also über die Hälfte, und das, obwohl noch bis Dezember Zeit ist. Weniger begeistert war bisher allerdings die Reaktion der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ), in der alle 26 katholischen Landeskirchen der Schweiz zusammenkommen.

Initiative geht an falsche Adresse
Deren Kommission für Staatskirchenrecht und Religionsrecht, darunter die Baselbieter Landeskirchenrätin Kristin Gubler-Borer, gesteht den Initianten ihre „basisdemokratischen Rechte“ durchaus zu und bestätigt in ihrer Stellungnahme auch, dass die Abschaffung des Zölibats und die Zulassung von Frauen zum Priesteramt von vielen Theologen und Bischöfen gefordert beziehungsweise gewünscht werde, stellt aber zugleich fest, „dass die Zuständigkeit in diesen Belangen beim Papst und bei den Bischöfen liegt – und nicht bei den staatskirchenrechtlichen Behörden“.

Die Skepsis der RKZ liegt ironischerweise eben in der basisdemokratischen Sondersituation der katholischen Kirche in der Schweiz begründet. Der Generalsekretär der Zentralkonferenz Daniel Kosch erklärt, dass sich nur die Schweiz katholische Landeskirchen leiste, wie sie in den protestantischen Kirchen selbstverständlich seien. Andere Staaten kennten jedoch keine demokratischen Parallelstrukturen in der katholischen Kirche: Dort würden die Pfarrgemeinden direkt von der Diözese verwaltet (siehe Box).

Und, sagt Kosch offen, die zuständigen Kirchenväter im Vatikan seien nicht immer glücklich mit der Schweizer Doppelstruktur. Sie empfanden das Tun der staatskirchenrechtlichen Landeskirchen oft als Einmischung in ihren kirchenrechtlichen Aufgaben- und Entscheidungsbereich. Dabei gehe es auch ums Geld, das die Landeskirchen nach schweizerischem Recht in Form von Kirchensteuern dem Vatikan weiterleiten. „Die schweizerischen Bischöfe sind finanziell abhängig von den Landeskirchen“, bringt es Kosch auf den Punkt: „Sie werfen uns teilweise vor, das Geld bleibe nur in den Pfarrgemeinden.“ Das habe vor allem der vormalige Basler Bischof Koch thematisiert.

Vor all dem Hintergrund kommt die Initiative aus Sicht der RKZ also zum falschen Zeitpunkt. Sie verstärkt laut Kosch die Spannungen, bringe aber nichts voran, weil die Frage nicht auf Schweizer Ebene gelöst werde. Die RKZ-Kommission empfiehlt den Initianten deshalb den „Dialog“ und betont insbesondere „das Erfordernis, bei der Wahl des Vorgehens und der Form die Grenzen der eigenen Zuständigkeit zu beachten“. Eine „Verpflichtung“ in der Verfassung der beiden Basler Landeskirchen sei weit mehr als die „Meinungsäusserung“ auf die sich die Initianten berufen.

„Wollen Bischöfe unterstützen“
Mitinitiant Jeker will gegenüber der bz auf den Vorwurf des „falschen Zeitpunkts“ nicht so recht eingehen. Er betont aber: „Wir sind nicht gegen etwas, ganz sicher nicht gegen die Bischöfe. Wir möchten vielmehr die reformwilligen Bischöfe unterstützen und ermutigen.“ Jeker sieht die Initiative genau als die „Einladung zum Dialog“, die die RKZ empfehle. Den Initianten sei klar gewesen, dass sie ihren Kampf um die Gleichberechtigung „auf eine andere Schiene bringen mussten“, nachdem auch das jüngste Memorandum 311 europäischer Theologieprofessoren zu keinem Erfolg geführt habe. „Die Frauenfrage in der Kirche ist nicht gelöst“, konstatiert Jeker. „Und ich verstehe nicht, warum die katholische Kirche bei der Gleichberechtigung nicht als Bannerträgerin vorangeht.“

 


DUALES SYSTEM: DIE KATHOLISCHE KIRCHE IN DER SCHWEIZ

Die sechs Bistümer auf dem Territorium der Schweiz gehören anders als in den umliegenden Ländern zu keiner Kirchenprovinz, sondern unterstehen direkt dem Heiligen Stuhl. Die Diözesanbischöfe, Weihbischöfe und Äbte bilden das kirchenrechtliche System und sind zuständig für pastorale Fragen wie eben Zölibat oder Priesterinnenweihe.

Damit die katholische Kirche in der Schweiz aber öffentlich-rechtlich anerkannt wird, bedarf sie demokratischer Strukturen. Diese bilden als staatskirchenrechtliches System einmalig auf der Welt die katholischen Landeskirchen in den einzelnen Kantonen der Schweiz. Sie erheben die Kirchensteuer, erhalten die Gebäude und wählen (auf lokaler Ebene in den Pfarrgemeinden) die Pfarrer.

Die beiden Strukturen stehen laut RKZ „in einer gewissen Spannung zueinander“, seien aber ständig um einen Dialog bemüht. (BOB)


Basellandschaftliche Zeitung, 12.08.2011