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Warum eine Verfassungsinitiative?
Weil schon so vieles unternommen worden ist (Petitionen, Unterschriftensammlungen, Memoranden, Studien usw), dadurch aber nur bescheidenste Fortschritte erzielt wurden. Dazu der emeritierte Pastoraltheologe Prof. Paul Zulehner: „Die Zeit des Resolutionismus ist vorbei“. Deswegen möchten wir bisher nicht genutzte demokratische Instrumente nutzen. Es ist ein demokratisches Recht, eine solche Initiative zu lancieren.
Warum gehen Sie so entschlossen vor in Ihrem Anliegen?
Wir lieben unsere Kirche. Wir wissen um ihre Strukturen. Wir wissen durch die Kirchengeschichte aber auch um die Veränderbarkeit, und darum, dass die Kirche auch immer wieder verändert werden muss, „ecclesia semper reformanda“. Wir suchen nach friedlichen Mitteln für unser Anliegen, um den Dialog wieder in Gang zu bringen. Wir sind tief betroffen, dass unsere Kirche Probleme hat, die unserer Ansicht nach „hausgemacht“ sind und nicht göttlichen Rechts. Deswegen kann es eine Pflicht sein, den Verantwortlichen mitzuteilen, was uns bewegt. Im CIC in Can 212, § 2 heisst es: „Den Gläubigen ist es unbenommen, ihre Anliegen, insbesondere die geistlichen, und ihre Wünsche den Hirten der Kirche zu eröffnen.“
Staatkirchenrechtliche Strukturen (Synoden) haben doch grundsätzlich keine Einflussmöglichkeit auf das Kirchenrecht (Codex Iuris Canonici, CIC)!?
In der Schweiz kennen wir ein duales kirchliches Rechtssystem: einenteils das Kirchenrecht (CIC) und andernteils die staatskirchenrechtlichen Kirchenverfassungen und Strukturen (Synoden, Kirchenräte). Diese duale Verfasstheit der röm.-kath. Schweizer Kirche darf als Chance gesehen werden, Basisanliegen rechtsstaatlich weiter zu verfolgen, auch als Möglichkeit, dass demokratisches Recht in Dialog mit dem kanonischen Recht treten kann.
Ihnen geht es also nicht nur um verheiratete Priester und Frauen als Priesterinnen, sondern um mehr?
Ja, genau: es geht um Grundrechte, um Gleichheit der Geschlechter, um Mitentscheidung beider Geschlechter in unserer Kirche. Das Thema „verheiratete Priester und Frauen als Priesterinnen“ ist darin enthalten. Zudem betrifft der Reformstau in unserer Kirche noch weitere Bereiche.
Geht es nicht gegen Jesu Vorbild und gegen die Tradition, dass Frauen Weihen empfangen sollen?
Jesus war kein Priester. Frauen, Jüngerinnen waren im Gefolge von Jesus. In der frühen Kirchengeschichte waren Frauen Gemeindeleiterinnen. Die Grussliste in Röm 16 zeigt das deutlich. Junia wird als Apostelin angeredet (vgl. „Bibel und Kirche“, Frauen in der frühen Kirche, 64. Jahrgang, 4. Quartal 2010). Das derzeitige Amtsverständnis und die geltenden Weihevorschriften haben sich erst lange nach der Zeit von Jesus entwickelt. Zudem zeigen viele Untersuchungen, dass die Entwicklung in der Kirche einseitig verlaufen ist, zu Gunsten von männlichen Strukturen.
Gibt es Kreise, welche Ihr Initiativanliegen auch vertreten?
Ja, sehr viele, z.B.:
- 15 Jahre „Wir sind Kirche“, März 2010
- Memorandum von über 300 Theologinnen und Theologen, mehr als 200 davon katholisch, Februar 2011 (und über 66’000 Mitunterzeichnenden)
- Erklärung der Röm.-Kath. Synode von Bern: Die Synode der Röm.-Kath. Landeskirche des Kantons Bern verabschiedete am 27. Mai 2005 eine Erklärung (ESB) für die Aufhebung der Zöllibatsverpflichtung, die Weihe von Viri Probati, die Frauenordination und die Wiedereinsetzung dispensierter Priester zuhanden des Diözesanbischofs und der Schweizerischen Bischofskonferenz (SBK).
- Luzerner Erklärung, 2003
- Manifest für eine geschwisterliche Kirche, Luzern 2010
- Verein Tagsatzung im Bistum Basel, 2008
- Provinzkapitel der niederländischen Dominikaner, 2007 (Viele historische Anmerkungen auf Seiten 13-15)
- Zu erwähnen sind auch die Aktivitäten von Frauen im Nordamerikanischen Raum
- Im November 2004 forderte das Luzerner Kirchenparlament die Aufhebung des Pflichtzölibats und die Zulassung der Frauen zum Priesteramt. Die Petition an die Schweizer Bischöfe wird von weiteren Kirchenparlamenten (SG, BS, BL, TG) sowie innerkirchlichen Gremien (Pfarreiräte, Seelsorgeverband) unterstützt.
Ist Ihr Anliegen in der röm.-kath. Bevölkerung mehrheitsfähig?
Repräsentative Umfrageergebnisse bei röm.-kath. Kirchenmitgliedern in der Schweiz 2004:
- Für die Gleichstellung von Frau und Mann waren 89 %
- Für freiwilligen Zölibat der Priester waren 87 %
- Für die Frauenordination waren 76 %