Abstimmung – Die Kirchliche Gleichstellungsinitiative sagt dem Monopol der zölibatären Priester den Kampf an.

Sie ist eine der wichtigsten Frauen in der abendländischen Geschichte. In unzähligen Gemälden, Statuen und Liedern wurde sie schon verewigt und als jungfräuliche Muttergottes wird sie von über einer Milliarde gläubiger Katholiken verehrt: Maria, die Mutter Jesu. Gestern, an Mariä Himmelfahrt, wurde ihre leibliche Aufnahme in den Himmel gefeiert. Diesen katholischen Feiertag hat sich das Komitee der kirchlichen Gleichstellungsinitiative passenderweise für den Auftakt seiner Abstimmungskampagne. Die zunächst unverheiratete Maria scheint nämlich die ideale Schutzpatronin ihres Anliegens zu sein: der gleichberechtigten Zulassung zum Priesteramt, unabhängig von Zivilstand und Geschlecht. Gleichzeitig mit dem eidgenössischen Abstimmungssonntag werden die Mitglieder der römisch-katholischen Kirchen Baselland und Basel-Stadt über einen neuen Passus abstimmen können, der das Vorantreiben dieses Anliegens in der kantonalen Kirchenverfassung verankert.

Es ist eine «emotionale Zwickmühle», in die sich das Initiativkomitee begeben hat: «Auf der einen Seite glauben Initiativgegner, dass die Gläubigen mit dieser Forderung ihre Kompetenzen überschreiten und aufmüpfig werden. Auf der anderen Seite glauben viele, dass diese Diskussion in einer modernen Gesellschaft obsolet geworden ist», erklärt Thierry Moosbrugger, der Medienbeauftragte der Römisch-katholischen Dienste beider Basel.

Mangel als Motivation
Dass das Thema allerdings noch lange nicht vom Tisch ist, das zeige die aktuelle Lage der katholischen Kirche: Bis heute sind einzig zölibatär lebende Männer zum Pfarramt zugelassen. Durch diese Restriktion ergibt sich ein weltweiter und langfristiger Seelsorge-Mangel. «Das Potenzial der vielen katholischen Frauen und Männer, die zur Weihe nicht zugelassen werden, geht einfach verloren»; bedauert der ehemalige Priester, Guido Büchi, und meint: «Dass die wichtigen Entscheidungen in der Kirche nur von einer Gruppe zölibatärer Männer getroffen werden, missachtet die Interessen und Anliegen eines Grossteils der Gläubigen».

Insbesondere missachte es aber auch die Botschaft Jesu Christi, so der Pfarrer weiter. Unterstützt wurde er in dieser Aussage auch von der feministischen Theologin Helen Schlüngel-Straumann: «Von Rom wird wiederholt argumentiert, die Kirche sei wegen des Beispiels Jesu nicht befugt, Frauen zu weihen. Dabei müsste der Satz richtig heissen: ‹Wegen des Beispiels Jesu ist die Kirche verpflichtet, Männer und Frauen zu allen Diensten zuzulassen›». Schliesslich habe Jesus zu seinen Lebzeiten Jünger und Jüngerinnen berufen, erklärte die Exegetin. Um glaubwürdig die biblische Botschaft vertreten zu können, müsse die Kirche sich deshalb aktiv für die Gleichstellung ihrer Mitglieder einsetzen.

Aufmüpfigkeit als Tugend
Obwohl sich besonders jüngere Katholiken schon seit Jahren eine Anpassung der Kirche an die gesellschaftliche Realität des 21. Jahrhunderts herbeisehnen, stehen die Initianten mit ihrem Vorhaben aber auch in Kritik: Das «Volk werde aufmüpfig». Schlüngel-Straumann widerspricht: «Das Volk ist noch nicht aufmüpfig genug geworden. Die Initiative will aufzeigen, wo der Reformbedarf inzwischen zum Himmel schreit». Trotz dieser revolutionären Haltung, sei es den Initianten wichtig, den kirchlichen Amtsweg einzuhalten. So wurde die Rechtsgültigkeit der Initiative bereits 2012 an den Synoden beider Basel festgestellt und 2013 zuhanden der Stimmberechtigten verabschiedet. Auch der Diözesen-Bischof Felix Gmür genehmigte den Initiativtext im April dieses Jahres. Bis die Resultate der Abstimmung am 28. September vorliegen, geht es nun noch über einen Monat. Sollte die Initiative angenommen werden, rechne man bis zum 1. Januar 2015 mit einer Umsetzung der Verfassungsänderungen. In welcher Form die «Weiterentwicklung des kirchlichen Rechts» und die «Veränderungen in Bezug auf die gleichberechtigte Zulassung» dann vorangetrieben werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar. Der Synodenpräsident Walter Ziegler scherzte jedoch: «Ab dem 2. Januar werden wir Barrikaden errichten»!


2010 wurde die «Versuchte Weihe einer Frau» im Dokument «De gravioribus» der Glaubenskongregation als «Schwere Straftat» festgelegt. Als fünfter Artikel ist dieser sogar noch vor «Sexuellen Straftaten mit Minderjährigen» aufgelistet.


Delphine Conzelmann, bzBasel